Sonntag, 16. Oktober 2011
Es gibt wohl keine Sache, die einen Physiker mehr in Wallung bringt, als wenn jemand die Größen Masse und Gewicht durcheinander bringt. Nun stellt einer namens dieblaueMauritius bei Focus-Fragen ausgerechnet die folgende Frage.
Gewichtskraft und Umfang der Masse, dürfen die auseinanderfallen?

Tatsache ist, dahs speziell die Gewichtskraft nicht von der Masse trennbar ist. Auch wenn seit 1978 1 kp ersetzt durch 1/10 kp = N. Kraft muss unabhängig vom planetaren Gewicht festgelegt werden (durch waagerechten Federwaagenzug). Trotz allem wird aber weiter Gewicht als kg x aufgerundet 10 m/sec hoch2 (siehe Hebung) verlangt, als wäre die Masse auf Erden noch schwerelos, als müsste erst mit 9,81m/sec 2 (10m/s hoch2 ) multipliziert werden für jede Berechnung. Der Massenkörper ist meist nur im Weltraum schwerelos, hier aber IST ER SCHON SCHWER, hat die Erdschwerebeschleunigung als Faktor schon in sich aufgenommen. Alle schweren Dinge haben eine planetenspezifische Schwerebeschleunigung als Teil der mitgeführten Gewichtskraft in sich. Auf dem Monde eine andere als auf der Erde usw. Deswegen ist Masse in concreto und auf der Erde etc. gleichzeitig mit einem Vektor ihres Gewichtes ausgestattet, nach welchem übrigens die Masse ja auch erst (nach Wägen) unterschieden ist.
(Bitte nicht wundern über die etwas seltsame Rechtschreibung. dieblaueMauritius hat dazu seine eigene Philosophie, aber um die soll es hier nicht gehen.)
Nach einigen Diskussionen mit dieblaueMauritius war mir klar: das ist keine Verständnisfrage, das ist eine Kriegerklärung an alle Physiker. Wie reagiert man auf sowas? Nach etwas Überlegung habe ich mich entschlossen, die Herausforderung anzunehmen, und ihn erstmal mit dem status quo zu konfrontieren.
tomkin: Die SI-Einheit der Kraft ist das Newton, und zwar für alle Kräfte. Die SI-Einheit der Masse ist das Kilogramm. Diese beiden Einheiten sind unabhängig im Sinne des SI-Einheitensystems. Der Zusammenhang zwischen den Größen Masse und Gewichtskraft ist durch das Newtonsche Gravitationsgesetz unabhängig von der planetaren Masse bestimmt. Nebenbei: "Massenkörper hat Erdbeschleunigung als Faktor in sich aufgenommen" ist physikalischer Unsinn.

dieblaueMauritius: Wenn was bestritten ist, weil unfysikalisch, kann es nicht durch Wiederholung von paragrafenartiger Einheitenfestlegung wiederlegt werden. Unabhängig sind sie nicht, denn N = kgm/sec'hoch2. Darin steckt die kg-Masse. Umrechnung wäre dann kg= N.sec'2 /m. Andere Umrechnung lautet aber Gewicht-kg = kg.N. Wieder andere lautet wegen m.g.h, Gewicht-kg seien jetzt kg.10m/sec'2. Also3 Umre. Dämmerts jetzt.
Ja ja, war klar. Er scheint also wirklich ersthafte Vorbehalte gegen die etablierte Vorstellung zu haben. Zugegeben, es ist bei Focus-Fragen nicht einfach, eine physikalische Formel lesbar im Textfeld unterzubringen. Aber das war pures Kauderwelsch. Ich antworte
tomkin: Nein, mir dämmert nichts. Vielleicht sind Sie mir ja an Intelligenz haushoch überlegen, wer weiss. Nur Sie hantieren hier mit Einheiten wie ein Jongleur mit seinen Fackeln. Was ist "Gewicht-kg = kg.N"?

dieblaueMauritius: WAR Jh. lang (bzw. Pfund) GEWICHTS-Einheit, s. die Zeit vor der Kiloponderitis. Jetzt soll sie nur eine Masseneinheit sein (Masse wird hier aber über Gewicht ermittelt). Darum ist ein Gewichtskilogramm ein kg, welches (damals) das Gewicht bezeichnete, übrigens heute noch auf fast allen Waagen! - Was einzig GÜLTIGE Umrechnung? kg=Nsec'2 /m, neokg.sec'2 /10m (siehe: m.g.h) ??
Kiloponderitis? Ich war ratlos. Was will er damit sagen? Also gut, ich gebe mir Mühe ...
tomkin: Wieso soll man kg umrechnen? Eine Masse von 1 kg auf dem Mond ist dieselbe Masse von 1 kg auf der Erde. Lediglich die Gravitationskraft ist anders. Die Waagen zeigen kg an, weil die Skala auf die mittlere Erdbeschleunigung geeicht ist. Aber eigentlich messen sie eine Gravitationskraft.

dieblaueMauritius: Wenn vorher kg Gewicht (mit Vektor) und Masse (ohne Vektor) auf der Erde, dann MUSS man schon den Umrechnungskurs angeben! Also bitte: Ist jetzt das Gewichtskilogramm gleich N.sec'2/m, oder ist Gewichtskilogramm nun gleich einfach kg X N , oder ist es nun gleich kg X m/sec'2 , oder ist es gleich kg X 10m/sec'2 (also noch kp, wegen m X g X h bei Hebung) ? Nu? Wo ist die Wissenschaftlichkeit der SI
Aaargh. Was soll denn kg Gewicht (mit Vektor) und Masse (ohne Vektor) sein? Zumindest nennt er das Problem jetzt beim Namen: das SI. Ich versuche immer noch, seinen Formel-Wirrwarr zu verstehen.
tomkin: Ja, Masse = Kraft durch Beschleunigung. Aber was soll denn Masse = Masse mal Kraft sein? Und warum setzen Sie in Ihre Einheitenformel 10m ein?

dieblaueMauritius: (10m/sec'2) war der Einsatz bei kp. Dieser sei passé. Aber es gibt zwei Massen, eine schwere MIT Faktor (aufgerundet, auch nicht von mir) 10m/sec'2 intus, s.o., und eine gewichtslose, blohse Masse nach Bergmann-Schaefer aus G/g (also kg :10m/sec'2 =kg.sec' /10m (Bruchrechnen). Das kp war übrigens kg 10m/sec' . Das gibt es aber nicht mehr. kgm/sec'2 : 10m/sec aber ergibt 1/10 kg. Da bistu platt!
Ich gebe auf. Ist einfach zu wirr, zu verstehen, was er meint. Offenbar denkt er, es gäbe zwei unterschiedliche Massedefinitionen, die jeweils die Einheit kg haben. Mir ist ein Rätsel, wie er darauf kommt.
tomkin: Na, platt wie eine Flunder! Warum wohl ist kp die Einheit einer Kraft, die fälschlicherweise mit einer Masse (also kg) gleichgesetzt wurde? Der Faktor 10 ist eben die (grob gerundete) Definition dieser Kraft auf 1 kg Masse auf der Eroberfläche in kg ausgedrückt, was eigentlich Unfug ist. Das tangiert aber den Unterschied der Größen Kraft und Masse nicht die Bohne.
Darauf hat dieblaueMauritius nicht mehr geantwortet. Allerdings nahm er sich in einem anderen Strang (zur Antwort eines weiteren Mitstreiters) meinen eingänglichen Vorbehalt zur Brust.
dieblaueMauritius: Die Behauptung: ""Massenkörper hat Erdbeschleunigung als Faktor in sich aufgenommen" ist physikalischer Unsinn"", ist falsch, weil auf der Erde alle Masse schwer, und zwar genau durch die Erdschwere(beschleunigung) g(erde) = 9,816 m/sec'2, d.h. man kann die reine Masse, die blohse Masse nach Bergmann-Schaefer ermitteln durch G/g(erde), also durch eine Division mit g(erde), d.h. g ist Faktor von G

dieblaueMauritius: Wenn ich mal Wikipedia kritisieren darf: Masse (einmal schwerelose Massenpunkte im Weltraum, winzig, andermal auch grohse Massen, andere Massen stark anziehend) ist Materie (ma), wenn angezogen, ist es Gewichtskraft bekommen habende Masse (GM=Gewichtsmasse), diese ist jedenfalls normalerweise (ausser während des Freien Falles) schwer, Gewicht ist nur die Eigenschaft der schweren GM, nicht gröhser.
Ich versuche erneut, die Unterscheidung zwischen Masse und Gewichtskraft aufzuzeigen.
tomkin: Ja richtig. Die Aussage "auf der Erde ist alle Masse schwer" triffts genau. Jede Masse auf der Erde erfährt eine Gewichtskraft, die sich so berechnet wie sie sagen. Das Ergebnis bleibt aber eine Kraft und wird nicht plötzlich eine Masse.

dieblaueMauritius: Und mit der KRAFT des Massegewichtes muss ja gehoben werden( mal Höhe). Also ist das Heben, wie in ALLEN vor-kiloponderitischen Fysikbüchern festgehalten, s. zB. Waeber-Unverricht, Aschendorff, Grimsehl usw. usf. - in allen Sprachen - nichts anderes als G (oder GM, was dasselbe ist) MAL der Höhe. EBEN NICHT NOCH EINMAL MALGENOMMEN MIT DER ERDBESCHLEUNIGUNG ge (9,81,m/sec'2), welche schon enthalten
Es wird noch wirrer. Offenbar will er mir sagen, daß in einer Masse in kg bereits die Erdbeschleunigung g enthalten ist, und begründet das mit der Arbeit im Kraftfeld. Ein letzter Versuch ...
tomkin: Ja genau. Die Arbeit, die beim Heben verrichtet werden muß ist W = G mal h, wobei G = m mal g, also W = m mal g mal h. W ist die Arbeit, G die Gewichtskraft, m die Masse, g die Erdbeschleunigung und h die Höhe. Unterscheide die Größen "Arbeit", "Kraft" und "Masse", dann stimmen alle Bücher.
Die Diskussion endet hier. Mit welchem Ergebnis? Mit keinem. Ich denke, dieblaueMauritius hat nicht nur bezüglich der Rechtschreibung seine eigene Philosophie. Was sagt man einem, der denkt, schlauer zu sein als alle Physiker der Welt? Ich weiß es nicht. Mir ist jedenfalls keine bessere Argumentation eingefallen. Was hätte Newton dazu gesagt?

Wen's interessiert: der Originalthread bei Focus-Fragen.




Samstag, 15. Oktober 2011
Es formiert sich ein Widerstand. Die Occupy Wall Street Bewegung findet auch in Deutschland ihre Nachahmer, wie man vielfach (z.B. hier) nachlesen kann.

Doch bringt das wirklich etwas, wenn ein paar "Wutbürger" Transparente schwingend durch die Straßen laufen und vor Bankfilialen unherflanieren? Interessiert das den gierigen Multimillionär, der in der 54. Etage des Wolkenkratzers seinen Whisky schlürft? Noch nicht.

Das Bankensystem kann nicht wirklich durch schimpfendes Umherlaufen der Bürger ins Wanken gebracht werden. Aber: es ist wie ein hochgezüchteter Paradeapfel. Es fault von innen und irgendwann wird die Fäulnis auch an der Schale sichtbar werden. Ich befürchte aber, dann wird die Lage bereits so schlimm sein, daß die Proteste auf der Straße nicht nur von Wutbürgern geführt werden.

Dann erst, wenn der DAX mal die 2000-Punkte Marke unterschritten hat und seine Zockerkollegen heulend auf ihren wertlosen Papierhaufen sitzen, dann erst stellt der (ehemalige) Multimillionär seinen Whisky auf den Tisch und springt aus dem Fenster.

Dann erst, wenn 50% arbeitslose Familienväter bereit sind, seine S-Klasse in einen Schrotthaufen zu verwandeln, dann erst beginnt das den Geschäftsführer zu interessieren.

Dann erst, wenn die unterste Etage jeder Bankfiliale in Deutschland keine heile Fensterscheibe mehr hat, dann erst beginnt das Banker aller Hierarchieebenen zu interessieren.

Und den Politiker? Wann interessiert ihn das? Dann erst, wenn ihm alle Bürger sein falsches Spiel nicht mehr abkaufen, und ihm das auch sagen.

Ich wünschte für meine Kinder, der Whisky schlürfende Zocker käme eher zur Vernunft. Aber ich glaube nicht daran.




Donnerstag, 13. Oktober 2011
Kann man solche Artikel überhaupt noch ernst nehmen? Da ist von einem durchschnittlichen Vermögen von 115.400 Euro die Rede. Abgesehen davon, daß ich das bei mir noch suche, ist die Angabe einer solchen Zahl vollkommener Mumpitz.

Warum? Schaut man sich die Verteilung des Vermögens an, dann besitzen die reichsten 10% der Bundesbürger 61,1% des Vermögens. Danach kommen die zweitreichsten 10% mit 19% des Vermögens. Das heißt umgekehrt, 80% der Bevölkerung haben lediglich zusammen 20% des Vermögens. Der Durchschnitt von 115.400 Euro ist zwar berechenbar, hat aber bei einer solchen Verteilung null Aussagekraft. Da könnte man nämlich auch behaupten, die größte erreichte Höhe jedes Menschen auf der Erde ist im Durchschnitt 100km, weil knappe 20 schon mal auf dem Mond waren ...

Nicht nur in diesem Artikel wird jegliches statistische Grundwissen ignoriert, um die Staatspropanganda aufrecht zu erhalten. Oder anders ausgedrückt: die wollen uns ganz unverblümt für dumm verkaufen. Aus der Kurve geht auch hervor, daß bei jedem Dezil (10%) außer dem der Reichsten zwischen 2002 und 2007 der Vermögensanteil gefallen ist oder stagniert. Nicht die Deutschen haben soviel Geld wie noch nie, sondern lediglich die reichsten Deutschen. Die Tatsache, daß die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer, wird bewußt ausgelassen.